Dennis Russell Davies und Maki Namekawa begeisterten bei den Salzburger Festspielen im Mozarteum.

Virtuoses Pianisten-Paar brachte Gebete ohne Worte

Am Dienstag überzeugten Dennis Russell Davies und Maki Namekawa im Rahmen der Ouverture spirituelle der Salzburger Festspiele im großen Saal des Mozarteums mit einem äußerst beeindruckenden Programm. Musik für zwei Klaviere bzw. für Klavier zu vier Händen, die eigentlich nicht für diese Besetzung gedacht war. Bearbeitungen, die von ihren Schöpfern einerseits als religiöser Zugang zum Werk des verehrten Komponisten, oder rein als heimliches Studienobjekt geschrieben wurden.

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Maki Namekawa & Dennis Russell Davies | Bild: Michael Poehn

György Kurtág glaubt zwar selbst nicht an Gott, meint aber, dass, wenn er Bach sieht, dann kann er kein Atheist sein, sondern muss seinen Glauben annehmen. Denn in jedem Augenblick ist das Gebet gegenwärtig. Diese Andacht ist Dennis Russell Davies und Maki Namekawa in der weltentrückten, himmlisch zart intonierten Wiedergabe der Sonatina aus dem Actus tragicus (BWV 106) und der Bearbeitungen von „Aus tiefer Not“ (BWV) und „O Lamm Gottes unschuldig“ faszinierend gelungen. Vor allem die klangliche Balance, die Kurtág für das Klavier entwirft, taucht Bachs Musik in alle möglichen Farben, sodass man nicht sicher sein mochte, immer nur das Klavier zu hören.

Eigenwillige Klangfarben

Anders war die Sache bei Dmitrij Schostakowitsch, der seine Bearbeitungen wahrscheinlich für den Unterricht bzw. den eigenen Gebrauch anfertigte, handelte es sich doch dabei um Musik eines Komponisten, der in der Sowjetunion mehr als verpönt war: Igor Strawinsky. Schostakowitsch schätzte manche seiner Kompositionen enorm – darunter auch die Psalmensymphonie, die er für Klavier zu vier Händen arrangierte und die in dieser Fassung möglicherweise an diesem Konzertabend zum ersten Mal in der Öffentlichkeit erklang. Hinweise auf eine bereits erfolgte Uraufführung gibt es nicht. Auch hier gelang es nicht nur dem Komponisten, sondern auch den beiden Pianisten, die eigenwilligen Klangfarben der Partitur auf dem Klavier zu imitieren, ja selbst den Chor vermochte man an manchen Stellen deutlich herauszuhören.

Wiederum ganz anders der Zugang zur Spiritualität bei Arthur Honegger, dessen 1946 uraufgeführte „Symphonie liturgique“ angesichts des Schreckens des Zweiten Weltkriegs die „Auflehnung des Menschen gegen die Flut der Barbarei, der Dummheit, des Leidens, des Maschinismus, der Bürokratie“ symbolisieren und den „Drang nach Friedensliebe und der göttlichen Zuflucht“ bekräftigen will.

Klangliche Präzision

Die expressive Tonsprache kommt in der Klavierfassung noch viel deutlicher heraus und wiederum gelang es Dennis Russell Davies und Maki Namekawa, die Musik keineswegs als Reduktion erklingen zu lassen, sondern als beinahe analytische Bereicherung und klangliche Präzision des grundlegenden musikalischen Denkens. Eingerahmt wurde das perfekt in die Ouverture spirituelle passende Konzert von Schostakowitschs launisch heiterem Konzert für zwei Klaviere op. 94 und dem Walzer aus der Musik zum Film „Einheit“ op. 95.

Viel Applaus für ein außergewöhnliches Konzerterlebnis.

Salzburger Festspiele: Dennis Russell Davies/Maki Namekawa (26.7., Mozarteum)

Quelle: nachrichten.at
Author: Michael Wruss
Datum: 28. Juli 2016